Appell der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Vorpommern an die Landesregierung MV

Trotz Corona-Krise Integration aufrechterhalten

Seit mehreren Jahren unterstützen und begleiten wir deutsch-polnische Integrationsprozesse in der Region Vorpommern und setzen uns für ein Zusammenwachsen der Metropolregion Stettin ein. Es freut uns, dass soziale, kulturelle und wirtschaftliche Verbindungen immer mehr an Kraft und Intensität gewinnen und Vorurteile in der Grenzregion abgebaut werden.

Sehr viele Menschen passieren täglich die Grenze, etwa auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, als Tagestouristen und Tagestouristinnen, um an kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen, Familie und Freunde zu besuchen oder einzukaufen. Die Metropolregion Stettin ist für sie kein abstraktes Konzept oder Ziel für die ferne Zukunft, sondern heute schon gelebter Alltag.

Aus diesem Grund sind wir als DPG Vorpommern über die Regelungen bei der Einreise nach Mecklenburg-Vorpommern aus der Republik Polen besorgt. Wir sind uns dessen bewusst, dass zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie auch Beschränkungen der Freizügigkeit erforderlich sind. Nichtsdestotrotz vertreten wir die Meinung, dass die eingeführten Regelungen zu restriktiv sind und für viele im deutsch-polnischen Verflechtungsraum lebende Bürgerinnen und Bürger einen unverhältnismäßigen Einschnitt in ihr tägliches Leben bedeuten. Insbesondere die Möglichkeit zur Befreiung von der Quarantäne-Pflicht durch wöchentliche Testung auf Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 bedeutet in vielen Fällen, dass die Betroffenen selbst für die Testkosten aufkommen müssen, was sich auf Dauer nur die wenigsten leisten können.

Die in dieser Hinsicht geltenden Regelungen der anderen grenznahen Bundesländer offenbaren ein besseres Verständnis der Lebenssituation von Bewohnerinnen und Bewohnern einer europäischen Grenzregion. Brandenburg beispielsweise hat für Menschen an der Grenze zu Polen umfangreiche Ausnahmen von den Quarantäneregelungen beschlossen. Damit sind Besuche sowie kurze Ausflüge, der sogenannte „kleine Grenzverkehr“ für Aufenthalte bis zu 24 Stunden, weiterhin möglich.

Wir appellieren dringend an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns neue Lösungen anzustreben, die die aus europäischer Sicht gewollten und weit fortgeschrittenen Integrationsprozesse im deutsch-polnischen Verflechtungsraum berücksichtigen. Im Entscheiden und Handeln der Landesregierung zeigt sich, ob die Metropolregion Stettin ein bloß politischer Wunsch oder tatsächlich gelebte Zusammengehörigkeit ist.

Offener_Brief_DPG_Vorpommern_201112

Grenzöffnungen und stärkere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Bundesverband begrüßt die Öffnungen der Grenzen im Schengenraum, die aufgrund der Covid-19-Pandemie temporär vielerorts geschlossen werden mussten. Für die europäische Zivilgesellschaft, deren Teil unser Verband repräsentiert, war die Zeit der Grenzschließungen in den vergangenen Monaten eine bittere Erfahrung, auch wenn diese Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung notwendig waren.

Insbesondere die Schließung der deutsch-polnischen Grenze hat viele unserer Mitglieder genauso wie tausende von Arbeitspendlern schwer getroffen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren mussten Deutsche und Polen miterleben wie es ist, wenn eine Überfahrt in das Nachbarland unmöglich wird. Bei vielen wurden Erinnerungen an Zeiten wach, die glücklicherweise hinter uns liegen. Die Grenzschließungen haben die deutsche und polnische Gesellschaft in den benachbarten Bundesländern und Woiwodschaften aber auch zu gemeinsamen, friedlichen Protesten an den Grenzübergängen mobilisiert – ein wunderbares Zeichen, wie eng beide Gesellschaften seit Polens EU-Beitritt zusammengewachsen sind.

Es lohnt daher, an die Errungenschaft eines grenzenlosen Europas zu erinnern. „Das Zusammenwachsen Europas, wie wir es in den vergangenen Jahrzehnten, insbesondere seit der großen EU-Osterweiterung als Europäer freudig erlebt haben, wäre ohne den Abbau mentaler wie auch politischer Grenzen undenkbar gewesen,“ erklärte Dietmar Nietan, MdB, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaften.

Die Wiedervereinigung Europas haben wir alle insbesondere dem Freiheitskampf der Menschen in den östlichen Nachbarstaaten Deutschlands zu verdanken. Ausgehend von der Solidarność-Bewegung in Polen, die eine Inspiration für die friedlichen Revolutionen von 1989 im gesamten ehemaligen kommunistischen Teil Europas war, wurden Mauern und Stacheldraht niederrissen. Dass die Bürgerinnen und Bürger innerhalb Europäischen Union Freizügigkeit genießen und nicht mehr durch Grenzen getrennt werden, ist angesichts der der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großes Glück und eine freiheitliche Errungenschaft, die wir Europäer uns hart erkämpft haben.

Die Deutsch-Polnischen Gesellschaften verstehen die Notwendigkeit der Eindämmung der Pandemie, um diese letztendlich überwinden zu können. Sie unterstützen die deutsche und die polnische Regierung in deren Anliegen, für eine bis dahin unbekannte Herausforderung schnell Lösungen zu finden. Dies müssen wir Europäer künftig jedoch gemeinsam tun. Deshalb regt unser Verband die deutsche und polnische Regierung dazu an, die Zusammenarbeit bei der Bewältigung solcher Krisen stärker auszubauen, um dadurch aus der Mitte unseres Kontinents ein gesamteuropäisches Signal auszusenden, dass wir Europäer durch Kooperation mehr erreichen können. Ein deutsch-polnischer Krisenstab, der die Koordinierung der Maßnahmen zur Bekämpfung von Pandemien oder anderer Notsituationen gemeinsam abspricht und beiden Regierungen zuarbeitet, wäre ein wichtiger Schritt, nicht nur, um die Normalität schnellstmöglich wiederherzustellen, sondern es wäre ein Schritt über diese Normalität hinaus, hin zu mehr gemeinsamem, praxisorientierten, europäischen Handeln.

Dietmar Nietan, Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband e. V.